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Buchkritiken

Die Dunkelkammer des Damokles - Willem Frederik Hermans

Der Roman wurde um 1949 unter dem Eindruck der Niedländischen Besetzung durch die Deutschen geschrieben und kam 1959 heraus. Der Autor wurde in den Niederlanden zu der Zeit als einer der wichtigsten Autoren angesehen. Das er biographischen Quellen zufolge ein skurriler Misanthrop war wird durch diesen Roman besonders glaubwürdig.

Das Schwert des Damokles hängt über Henri Ousewoudt dem Helden der Geschichte seit seiner Geburt. Beschrieben wird er vom Autor als "ein Ungeheuer, ein aufrecht stehender Frosch". Seine Mutter hat in einem Anfall geistiger Umnachtung seinen Vater getötet. Er verbringt daraufhin eine unauffällige wenn auch bizarre Jugend in einer holländischen Kleinstadt. Als die Deutschen in den Niederlanden einmarschieren trifft er auf Dorbeck. Der sieht ihm verdächtig ähnlich und ist was Ousewoudt gerne wäre, Offizier und Widerstandskämpfer. Dorbeck bittet ihn um Hilfe und Ousewoudt geht begierig darauf ein. Mit einer Dunkelkammer, in der er einen Film für Dorbeck entwickelt beginnt seine eigene Karriere im Widerstand.
In der folgenden Zeit erhält er immer wieder Aufträge von Dorbeck und erlebt so etwas wie die Standardsituationen für Widerstandskämpfer. Attentate, Gefangenschaft, Flucht wechseln sich ab. Eine Jüdin verliebt sich in ihn und wird von ihm schwanger. Diese Aktionen haben alle etwas chaotisches, verworrenes an sich. Ein schönes Bild dafür beschreibt Hermans als Ousewoudt sich in Begleitung eines schwer Sehbehinderten tarnen will und sich dessen Brille ausleiht. Nun gehen die Zwei die Straße entlang, einer ohne Brille blind, einer mit.
Als der Krieg endet zählt sich Ousewoudt zu den Siegern. Zu seiner Überraschung wird er allerdings verhaftet und des Verrats bezichtigt. In den folgenden Ermittlungen stellt sich heraus, dass jeder der mit ihm zu tun hatte tot oder vermisst ist. Vor allem Dorbeck beziehungsweise ein Beweis für seine Existenz bleibt bis zum Schluß unauffindbar.

Das Buch ist formal ein Agentenroman der Ousewoudts Aktivitäten penibel beschreibt. Erst nach und nach nimmt man als Leser Zeichen wahr, dass etwas nicht stimmt. Für mich ist er eine Studie über eine Gesellschaft, in der sich unter den Bedingungen einer massiven Bedrohung nach und nach die Persepektiven von Gut und Böse auflösen und die sich hinterher der Illusion eines glanzvollen Widerstands hingibt.
Ich würde eine gewisse Ähnlichkeit mit Kafkas Roman "Der Prozess" sehen.

Schwarze Nebel/Der 13. Krieger - Michael Crichton

Michael Crichton mal ganz anders.
Das Buch ist schon 1976 erschienen und damit eine von Crichtons frühen Arbeiten. Er spinnt dabei den Reisebericht eines historischen arabischen Diplomaten aus, der im 10. Jahrhundert Kontakte zu Wikingern bekommt.


In Crichtons Fassung wird der junge Araber von den Wikingern nach Skandinavien verschleppt und in die Kämpfe gegen einen Stamm verwickelt dem Crichton Züge von Neandertalern gibt. Die Geschichte folgt im wesentlichen der Verfilmung, ist jedoch rauer und der Held ist wesentlich mehr Beobachter als Akteur.

Trotz seiner gewöhnungsbedürftigen Sprache ist das Buch so flüssig lesbar wie alle Crichton Romane, wirkt wieder gut recherchiert und die Beschreibung der Denk- und Lebensweise der Wikinger ist interessant.

Puls - Stephen King

Nach sehr langer Zeit mal wieder ein Buch von Stephen King, dass ich von Anfang bis Ende gelesen habe.

Die Lage ist hoffnungslos aber nicht ernst könnte man nach den ersten 50 Seiten sagen. Der Held Clay Ridell erlebt einen Nachmittag im Spätsommer an dem übergangslos die Hölle losbricht. Jeder der gerade mit einem Handy telefoniert, fängt an in ungezügelter Mordlust über den nächst erreichbaren herzufallen.
King beschreibt das nun folgende Chaos im wesentlichen als groteske Komödie.

Die Gründe für diesen Gewaltausbruch bleiben im Dunkeln. Als Erklärung wird ein Terroranschlag, aber auch ein militärisches Experiment genannt. Ebenso bleibt unaufgeklärt wer alles betroffen ist.

Der schon fast komödiantische Ton ändert sich später als Clay mit einigen anderen Überlebenden versucht in seine Heimatstadt zurückzukehren um nach dem Verbleib seiner Familie zu forschen. Während der Reise verändert sich das Verhalten der wahnsinnig Gewordenen. Aus Tobsüchtigen werden Wesen die langsam Verhaltensweisen eines Schwarms annehmen und dann noch zusätzlich telepathische Kräfte entwickeln.

Hier gelingen King eindrucksvolle Passagen. Die Reise durch ein postapokalyptisches Amerika, die langsame Umkehrung des Kräfteverhältnisses zwischen den Normalen, den Normies und den Wahnsinnigen den Phonern, die schließlich in einer gezielten Aktion des Phoner-Schwarms mündet die Normies in einer großangelegten Aktion ebenfals zu Phonern zu machen, das ist streckenweise beste King-Tradition, allerdings ist das recht behäbige Tempo inzwischen auch typisch für King geworden.

Liebessabotage - Amélie Nothomb

Die Belgierin Amelie Nothomb schreibt kurze Romane mit Titeln wie: Die Reinheit des Mörders, Im Namen des Lexikons oder eben Liebessabotage.
Die Bücher sind entsprechend. Schräg, sarkastisch, grausam und klug.
In Liebessabotage erinnert sich die Autorin an ihre Kindertage in einem chinesischen Diplomatenviertel. Die Kinder hatten zum Zeitvertreib einen Krieg gegeneinander angezettelt und die Heldin ist mit Feuereifer bei der Sache. Eine neue Mitbewohnerin kommt hinzu und die Erzählerin versucht deren Zuneigung zu gewinnen.
Das Buch ist das Beste gleichzeitig. Poetisch, sarkastisch, ehrlich, selbstironisch, kühn und mit der wichtigen Unterscheidung zwischen gefühlvoll und sentimental.

Die Frau ist zurecht in Frankreich eine Starautorin.

Manieren - Asfa-Wossen Asserate

Ein Buch, das sich mit europäischen Umgangsformen aus etwa fünf Jahrhunderten befasst, geschrieben in deutscher Sprache von einem afrikanischen Adligen. Ich stelle mir die Reaktion eines Lektors in einem deutschen Verlag vor, der das Manuskript auf dem Tisch hat. Das Buch dürfte gegen jede Wahrscheinlichkeit ein Bestseller geworden sein.

Asfa-Wossen Asserate ist ein Großneffe von Haile Selassie und kehrte nach seinem Studium in Deutschland nicht nach Äthiopien zurück weil die damalige Mengistu Diktatur ihn umgebracht hätte. Sein Blick auf europäische Umgangsformen ist also der Blick eines Fremden, der sein Thema mit Zuneigung, aber auch mit ironischer Distanz betrachtet. Mit viel ironischer Distanz.

Ein guter Grund das Buch zu lesen ist seine sprachliche Brillianz. So viele witzige, geschliffene und elegante Formulierungen habe ich schon lange nicht mehr so dicht gedrängt zusammen gesehen. Dieses Buch zu lesen ist schon deshalb ein geradezu körperliches Vergnügen.

Anders als der Titel es nahe legt ist geht es hier nicht um eine rituelle Formenlehre sondern um eine Betrachtung der Grundlage. Ich habe diesem Buch vor allem eins entnommen. Alle haben Manieren. Punks, Linksalternative, Rechtskonservative, Adlige und Kleinbürger. Alle haben sie aus bestimmten Gründen und ziemlich alle beziehen sich aufeinander, ob sie sich dessen bewußt sind oder nicht.

Die Haarteppichknüpfer - Andreas Eschbach

Der Autor hat sich anscheinend ein altes Dürrenmatt Motto zu Herzen genommen. Eine Geschichte ist erst dann zu Ende, wenn sie die schlimmste mögliche Wendung genommen hat. In dem Roman "Die Haarteppichknüpfer" gibt es davon reichlich.

In einem intergalaktischen Imperium in einer märchenhaft weit entfernten Zukunft verbringen die Haarteppichknüpfer ihr Leben mit dem knüpfen eines einzigen Teppichs aus den Haaren ihrer Frauen und Töchter. Diese Teppiche werden von den Einkäufern eines entrückten Herrschers aufgekauft und der Erlös muss für eine ganze Generation reichen bis ein neuer Teppich fertig ist.
Diese Tradition ist so alt, das niemand weiß wann und warum sie begonnen hat. An ersten Stellen beginnt die alte Ordnung aber zu bröckeln. Erste zaghafte Versuche sie in Frage zu stellen haben für ihre idealistischen Protagonisten bitterste Folgen. Aber die Wahrheit ist nicht aufzuhalten.

Das Buch ist eigentlich kein Roman sondern eine Sammlung aus Kurzgeschichten, die alle um den Kult der Haarteppiche kreisen. Figuren die in einer Geschichte eine zentrale Rolle spielen tauchen in anderen kurz auf oder werden erwähnt. Der ständige Wechsel der Perspektiven ergibt am Ende das Mosaik einer komplexen Vision um Tradition und Erneuerung und um den Preis für beides.